Friedrich Krupp verlagerte seine vor 200 Jahren gegründete
Gußstahlfabrik 1819 auf ein Gelände an der Altendorfer Straße. Unter
Alfred Krupp expandierte die Firma zum "größten Industrieunternehmen
Europas". In unmittelbarer Nachbarschaft zu den Werksanlagen ließ Krupp
ab den 1860er Jahren erste Kolonien für Arbeiter errichten: Westend,
Kronenberg und Schederhof. Im Schnittpunkt dieser Siedlungen, an der
Eisenbahnunterführung Frohnhauser Straße lag der damals noch zu
Frohnhausen gehörende Krämerplatz mit seinen Kneipen, der von Krupp
gegründeten Simultanschule und dem Evangelischen Gemeindehaus. Ganz in
der Nähe, nur einen Steinwurf vom Kronenberg entfernt entstand auch das
erste evangelische Gotteshaus auf dem Gebiet der Bürgermeisterei
Altendorf: Alfred Krupp steuerte 1879 Baugrundstück, Ziegelsteine und
15.000 Mark für den Bau der Lutherkirche bei.
Für Krupparbeiter und ihre Familien wurde der heutige Essener Westen zum
bevorzugten Wohngebiet. Ab 1907 wurden in Frohnhausen zahlreiche
Wohnhöfe für Werksangehörige errichtet, z.B. die Meisterwohnungen an der
Kerckhoffstraße oder der berühmte Luisenhof (auch "Gelber Block" oder
"Kanarieninsel" genannt). Wenn auch nicht jeder Arbeiter eine der heiß
begehrten Kruppwohnungen ergattern konnte, so verfehlte das
Wohnungswesen der Firma doch nicht sein Ziel: Die besondere – auch
emotionale – Bindung der Arbeiter an IHR Unternehmen. Zum oppulent
gefeiereten Krupp-Jubiläum 1912 (100. Geburtstag Alfred Krupp) stiftete
Margarethe Krupp das Friedrichsbad. Hier gab es neben einem
schmiedeeisernen Bassin vor allem Wannen- und Brausebäder, da viele
Wohnungen in Essen-West noch kein Badezimmer besaßen. Länger als 20
Minuten durfte man aber auch im Friedrichsbad nicht in die Wanne.
Krupps "Dicke Bertha" ging als beliebtes Postkartenmotiv um die Welt.
Dabei mangelte es den Kartenmachern nicht selten am guten Geschmack,
wenn sie den Gruß aus der Kanone zauberten oder die von Krupp-Munition
getöteten französischen Soldaten gleich mit aufs Bild bannten. Essen war
halt stolz auf seine Produktion und profitierte vom Kriegsausbruch.
Während des Ersten Weltkrieges wurde die Belegschaft der Friedr. Krupp
AG mehr als verdoppelt. Ein großes Barackenlager am Westbahnhof nahm
ledige Arbeiter auf. Für sie wurde auch das heutige Bürohaus West als
monumentales Ledigenheim mit Dachgarten gebaut. Noch kurz vor Kriegsende
entstanden die Siedlungen Bärendelle, Wickenburg und Breilsort mit ihren
großzügigen Grünanlagen. In die Wohnungen zogen kinderreiche Familien
ein. 12 Kinder tummelten sich da schon mal am Küchentisch.
Kein Zweifel: In Frohnhausen wohnten die Menschen, die "den Krieg
bereiten halfen", wie es Pfarrer Cürlis schon 1913 bei der Einweihung
von Krupp mitfinanzierten Apostelkirche formuliert hatte. "Wir stehen zu
unserer Firma Krupp in guten und bösen Tagen. Treue um Treue!" Diese
Treue war ein Erfolgsrezept, das letztlich in den Untergang führte: Nach
zwei verlorenen Weltkriegen lag 1945 die "Kanonenstadt" und
"Waffenschmiede des Reiches" in Trümmern. Viele hatten ihr Leben
verloren, gespenstisch muten die Fotos der Nachkriegszeit mit ihren
Häuser- und Fabrikruinen an. Heute ist die Schicksalsgemeinschaft
Krupp-Frohnhausen Vergangenheit. Geblieben sind Erinnerungen und manche
architektonische Schönheit, die es im Stadtteil zu entdecken gilt.
Robert Welzel